Forschung der Arbeitsgruppe Bodenchemie

Prof. Dr. Georg Guggenberger

Die Reaktivität von Böden beruht auf der Ausbildung von dynamischen und hierarchisch organisierten biogeochemischen Grenzflächen, aufgebaut aus mineralischen und organischen Festphasen sowie Mikroorganismen. Viele bodenbildende Prozesse in diesen biogeochemischen Grenzflächen, z.B. die Freisetzung von Nährstoffen durch Mineralverwitterung, die Stabilisierung von organischer Bodensubstanz und die Immobilisierung von Schadstoffen, bedingen die für unsere Gesellschaft so wichtigen Bodenfunktionen und -dienstleistungen, wie die Pflanzenproduktion und Sicherung der biologischen Vielfalt, der Kohlenstoffspeicherung  und der Gewährleistung sauberen Trinkwassers.

Vor dem Hintergrund von Landnutzungsänderungen, des Klimawandels und dem Verlust der Biodiversität konzentriert sich die AG Bodenchemie auf die zugrunde liegenden Mechanismen, welche diese Eigenschaften und Funktionen bedingen.
Einen zentralen Aspekt unserer Arbeiten bildet hierbei die Kennzeichnung der Transformations- und Stabilisierungsprozesse der organischen Bodensubstanz in unterschiedlichen Klimaten und bei unterschiedlicher Landnutzung. Hierfür setzen wir Ökosystemgradienten, in welchen wir die Zusammenhänge der funktionalen Diversität von biologischen Gemeinschaften, der Mineralverwitterung und -transformation und dem Stoffumsatz im Boden analysieren. Für diese Studien sind wir weltweit unterwegs, u.a. in Permafrostgebieten, den humiden Tropen oder in Trockensteppen und Wüsten. Unsere Feldexperimente werden von detaillierten Mikro- und Mesokosmenexperimenten im Labor begleitet, in denen Variablen wie Temperatur und Bodenfeuchte auf kontrollierte Weise manipuliert werden. Methodisch setzen wir ein großes Repertoire an (mikro)spektroskopischen, chemolytischen, isotopenanalytischen und molekularbiologischen Verfahren ein. Hierbei arbeiten wir intensiv mit der AG Bodenbiophysik hinsichtlich der Analyse des Lebensraums biogeochemischer Grenzflächen und der zukünftigen AG Digital Soil Mapping hinsichtlich der Kennzeichnung der in den Grenzflächen stattfindenden Prozesse mittels Hyperspektralspektroskopie zusammen.

Die Grundlagenstudien stellen die Basis für tieferes Prozessverständnis dar. In anwendungsbezogener Forschung entwickeln wir daraus Managementoptionen für nachhaltige, Humus aufbauende und Biodiversität sichernde Boden- und Landnutzungssysteme. Unser Ziel ist es hierbei, die natürlichen Prozesse und Funktionen des Bodens, insbesondere über die funktionale Diversität, zu fördern, um die Dienstleistungen des Bodens für die Gesellschaft auf nachhaltige Weise und unter geringem Ressourceneinsatz (z.B. Dünger, Pflanzenschutzmittel, Bodenbearbeitung) sicherzustellen.  

Steuerungsfaktoren des Umsatzes der organischen Bodensubstanz

Podsol in der Lüneburger Heide

Böden repräsentieren ja nach Umweltbedingungen eine Kohlenstoff-Senke oder -Quelle und greifen massiv in das globale Klima ein. Wir wollen daher Transformations- und Stabilisierungsprozesse der organischen Bodensubstanz in Abhängigkeit von Klima und Landnutzung besser verstehen, um den Kohlenstoff- und Nährstoffhaushalt von Böden nachhaltig zu managen. In unseren Forschungsprojekten arbeiten wir zumeist an Ökosystemgradienten, in welchen wir Zusammenhänge der funktionalen Diversität biologischer Gemeinschaften, der Genese pedogener Minerale und dem Umsatz der organischen Substanz im Boden analysieren. Hierfür sind wir weltweit unterwegs, u.a. in Permafrostgebieten, den humiden Tropen oder in Trockensteppen. Unsere Feldexperimente werden von detaillierten Mikro- und Mesokosmenexperimenten im Labor begleitet, in denen Umweltvariablen auf kontrollierte Weise manipuliert werden. Methodisch setzen wir ein großes Repertoire an (mikro)spektroskopischen, chemolytischen, isotopenanalytischen und molekularbiologischen Verfahren ein.    

Stellung biochemischer Mineralverwitterung (Auflösung, Transformation) innerhalb der Bodengenese.

Durch Hyphen verursachte Verwitterungskanäle auf der Oberfläche eines Muskovits nach einjähriger Exposition im Boden eines durch Nothofagus discoidea dominierten Waldes, Neukaledonien

Böden entstehen aus der Aktivität des Lebens heraus, denn Bodenentwicklung ist ein ständiger Dialog zwischen dem Belebten und dem Unbelebten. Wir erforschen diesen Dialog über mehrere Skalenebenen hinweg.  Das Zusammenspiel von Klima und ökosystemarer Konkurrenz um Nährstoffe kann dazu führen, dass Pflanzen mit ihren Symbionten und assoziierten Mikroorganismen den Boden massiv und erstaunlich schnell verändern. Sie tun dies z.B. durch biogene Verwitterung und Neubildung von sekundären Bodenmineralen wie Tonminerale sowie Aluminium- und Eisenoxide, unter anoxischen Bedingungen auch Fe(II)-Minerale. Dies veränderten bzw. neu gebildeten Mineralphasen spielen eine wichtige Rolle für zahlreiche Bodenfunktionen, wie z.B. die Bindung organischer Substanz. Um diese Prozesse besser zu verstehen, untersuchen wir Ökosysteme, deren Rahmenbedingungen besonders sind, wie z.B. Amazonien, die Antarktis, das tibetische Hochland, die Atacama, Reisböden Chinas und Wattböden der Elbe. So können wir erkennen, welchen Einfluss z.B. Temperatur, Trockenheit, funktionelle Biodiversität, Niederschlagsverteilung, Bodenalter oder mineralogische Zusammensetzung auf die fortlaufende biogene Bodenwerdung besitzen. Dieses Wissen erlaubt uns letztlich auch, die Nutzung und den Schutz von Böden zu verbessern.    

 

Rolle der Biodiversität für die nachhaltige Nutzung von Bodenfunktionen

Diverse Zwischenfruchtmischung Diverse Zwischenfruchtmischung Diverse Zwischenfruchtmischung
Diverse Zwischenfruchtmischung

Die Grundlagenforschung in verschiedensten Regionen der Erde, bietet die Basis für ein tieferes Systemverständnis der komplexen Interaktionen zwischen Biologie und Mineralphase im Boden. Nur so wird es möglich Ökosystemdienstleistungen gerichtet einzusetzen und daraus Konzepte für nachhaltige Agrarökosysteme zu entwickeln. Auf landwirtschaftlichen Flächen wird die Komplexität der ablaufenden Prozesse im Boden reduziert. Doch gerade diese Komplexität ist es, die auf natürlichen Standorten die Bodenfruchtbarkeit generiert ohne Nährstoffüberschüsse zu produzieren. Wir arbeiten daran, die Vielfalt der im Boden ablaufenden natürlichen Prozesse zu entschlüsseln und in landwirtschaftliche Praktiken abzubilden. In unseren Forschungsprojekten untersuchen wir beispielsweise, wie sich die Erhöhung der Diversität von Pflanzen in landwirtschaftlich genutzten Böden auf das Bodenleben und biogeochemischen Stoffkreisläufe auswirkt und wie organische Zuschlagstoffe (z.B. Kompost) nachhaltig erzeugt und angewendet werden können.    

Kolloidmobilität und Aggregierungsverhalten in Böden

Modellmikroaggregat aus mittelkörnigem Illit und extrazellulären polymeren Substanzen von Mikroorganismen.

Das Aggregierungsverhalten von Boden-Kolloiden und -Partikeln ist von entscheidender Bedeutung für viele Prozesse in und Funktionen von Böden. So untersuchen wir, inwiefern gelöste organische Substanz und Fließbedingungen die Stabilität und Mobilität von Mineralkolloiden kontrollieren. Dies ist u.a. bedeutend für die Mobilität von Schadstoffen in Böden, wie Blei und Mikroplastik. Daneben studieren wir, wie verschiedene biotische und abiotische Prozesse zur Bildung von Bodenmikroaggregaten (20-250 µm) über verklebende und zementierende Substanzen beitragen und inwiefern dies beispielsweise zur Kohlenstoffspeicherung in Böden beiträgt. Bedingungen stabiler Aggregierung untersuchen wir hierbei u.a. durch Analyse der Zusammensetzung und der Ladungsverhältnisse der äußersten, zur Bodenlösung exponierten Oberfläche verschiedenster im Boden vorkommender feiner Teilchen. Die erhaltenen Befunde werden in Modellversuchen zur Aggregierung evaluiert.    

Geo-Ökosysteme im Wandel auf dem tibetischen Plateau

In der DFG-geförderten Graduiertenakademie „Geo-Ökosysteme im Wandel auf dem tibetischen Plateau“ (TransTiP) durchlaufen Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler eine international ausgerichtete und moderne wissenschaftliche Ausbildung. Professor Guggenberger ist stellvertretender Sprecher der Gruppe.
Im Zentrum der Untersuchungen steht eines der sensibelsten Ökosysteme unseres Planeten: Das tibetanische Hochland. Die Forschungsschwerpunkte umfassen die Veränderungen von Wasser- und Stoffkreisläufen (u.a. organischer Kohlenstoff und Sedimente) als wichtige Zeiger für eine, sich im Zuge des menschgemachten Klimawandels, immer schneller verändernde Umwelt. Die erste Kohorte der Doktorandinnen und Doktoranden stellt in diesem Video ihre Forschung und das Untersuchungsgebiet vor.

  • Beteiligte Einrichtungen und Institute
    • Institut für Geosysteme und Bioindikation, Technische Universität Braunschweig
    • Institut für Geodäsie und Photogrammetrie, Technische Universität Braunschweig
    • Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik, Technische Universität Braunschweig
    • Institut für Strömungsmechanik und Umweltphysik im Bauwesen, Leibniz-Universität Hannover
    • Institut für Bodenkunde, Leibniz-Universität Hannover
    • Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
    • Institut für Geographie, Physische Geographie, Friedrich-Schiller-Universität
    • Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena

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Video abspielen

Video: „TransTiP: Young scientists introduce research on earth surface processes on the Tibetan Plateau“ (YouTube)

Gruppenleitung

Prof. Dr. Georg Guggenberger
Adresse
Herrenhäuser Straße 2
30419 Hannover
Gebäude
Raum
014
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