Forschung der Arbeitsgruppe Bodenbiophysik

Prof. Dr. Stephan Peth

Was ist Bodenbiophysik?

Die Arbeitsgruppe Bodenbiophysik befasst sich mit den Wechselwirkungen von physikalischen und biologischen Prozessen in Böden. Damit vereint sie die klassischen Disziplinen Bodenphysik und Bodenökologie zu einer neuen übergreifenden Fachrichtung, die sich mit Wasser-, Stoff- und Energieflüssen in Bodenökosystemen auf unterschiedlichen Skalen und deren Bedeutung für ökologische Bodenfunktionen auseinandersetzt.

Was untersucht die Bodenbiophysik?

Böden zeichnen sich durch eine äußerst komplexe und räumlich heterogene Architektur aus. Die Konnektivität von Porennetzwerken und der davon abhängige Stofftransport (Wasser, Nährstoffe, Bodengas) sowie die Zugänglichkeit von Grenzflächen sind für biogeochemische und physikalische Prozesse von zentraler Bedeutung. Die Ausbildung und Beschaffenheit der Bodenstruktur auf der Mikro- und Makroskala sind wichtige Eigenschaften, die entscheidend dazu beitragen, dass Böden ihre vielfältigen Funktionen erfüllen können. Porenräume sind einerseits Lebensräume, die durch ihr physikalisches Umfeld auf biologische Prozesse einwirken können. Andererseits formen biologische Vorgänge (Wurzelwachstum, Fauna) die Porenräume fortwährend um, sodass sich das Bodenökosystem als ein selbstorganisiertes Gefüge aus Wechselwirkungsmechanismen an die Randbedingungen und Störungen (ungeeignetes Bodenmanagement oder Klimawandel) in der Umwelt anpasst. Uns interessiert dabei welche Veränderungen im Bodenökosystem dazu beitragen, Bodenfunktionen zu beeinträchtigen, was Böden resilient macht und wie wir gestörte Bodenfunktionen wieder regenerieren können.

Wie arbeitet die Bodenbiophysik?

Wir setzen neben klassischen bodenphysikalischen und bodenökologischen Messmethoden moderne Methoden zur Strukturaufklärung ein (u. a. röntgentomographische Verfahren, Grenzflächenmessungen). Auf der Feldskala dienen Sensornetzwerke und Drohnen gestützte Thermographie zur Erfassung der räumlich-zeitlichen Variabilität von Bodenfeuchte und Oberflächentemperaturen. Die erhobenen Daten fließen in Modelle zur Simulation des Wasser-, Wärme- und Stofftransportes ein und sollen helfen die Effekte von Bodennutzungsformen auf Bodenökosysteme zu quantifizieren. Unsere Forschungsprojekte umfassen ein breites Skalenspektrum von einzelnen Porenräumen in Bodenaggregaten bis hin zur Pedon- bzw. Feldskala und decken Grundlagen- und praxisorientierte Fragestellungen ab.

Einfluss des Bodenmanagements auf Wasser-, Wärme- und Stoffflüsse

Landnutzung und Verstädterung gelten als Hauptfaktoren für die Änderung von Bodeneigenschaften und beeinflussen damit den Wasser-, Stoff- und Energiekreislauf in Ökosystemen. Bevölkerungswachstum und Klimawandel führen einerseits zu einer Intensivierung der land- und forstwirtschaftlichen Produktion u.a. durch stärkere Bewässerung oder zunehmende Mechanisierung der Produktionssysteme bei gleichzeitig immer extremeren Wetterrandbedingungen. Andererseits gehen durch Bodendegradation und Flächenversiegelung täglich Millionen von Hektar fruchtbarer Boden verloren. In diesem Themenkomplex untersuchen wir, wie sich Urbanisierung in schnell wachsenden Metropolen in Indien (Bangalore) oder die intensive Befahrung von Forstflächen bei der Holzernte in Deutschland auf die Bodenqualität und Degradierung von physikalischen und ökologischen Bodenfunktionen auswirken. Feld- und Laboruntersuchungen von bodenphysikalischen und mechanischen Parametern in Kombination mit hydrologischer Modellierung helfen die Änderungen auf Wasser-, Wärme- und Stoffkreisläufe in unterschiedlichen Managementszenarien zu quantifizieren. Dazu gehört auch die Frage inwieweit Anpassungsstrategien wie die regenerative Landwirtschaft durch Fruchtfolgegestaltung und aufbauendes Bodenmanagement (Kompost, schonende Bodenbearbeitung) die Wasser-, Stoff- und Energieflüsse zwischen Boden- und Atmosphäre beeinflussen und ob dadurch u.a. Kühleffekte in der Landschaft erzielt werden können. Hierzu werden u.a. Drohnen gestützte Verfahren wie die Thermographie und in situ Sensornetzwerke eingesetzt.

Wurzel-Boden-Interaktionen und mechanische Prozesse beim Wurzelwachstum

Einer unserer Schwerpunkte im Bereich der Bodenbiophysik beschäftigt sich mit der Interaktion zwischen Wurzeln und Boden. Die Eigenschaften eines Bodens beeinflussen das Wurzelwachstum, beispielsweise durch die vorhandenen Korngrößen, die Bodenstruktur und -festigkeit, sowie den Gehalt an Wasser und an mineralischer und organischer Substanz. Das Wurzelwachstum wiederrum verändert den Boden in vielerlei Hinsicht. So werden nicht nur Wasser und Nährstoffe entzogen, sondern auch strukturelle und mechanische Eigenschaften verändert. Die lebende Wurzel expandiert im Boden und deformiert dabei ihre Umgebung was zur Entstehung von neuen Mikrostrukturen und lokalen Komprimierung in der Rhizosphäre führt. Ausgeschiedene Wurzelexsudate modifizieren physikalische Eigenschaften des Bodens und stellen zudem einen Kohlenstoff- und Nährstoffeintrag dar. Stirbt die Wurzel ab, werden ihre Überreste zersetzt, wobei Kohlenstoff und Nährstoffe Bestandteile neuer Verbindungen werden, bzw. von anderen Pflanzen, Bodenlebewesen und Mikroorganismen genutzt werden können. Zudem bildet der entstandene Porenraum ein neues Habitat für unterschiedliche Organismen und erleichtert das Wachstum anderer Pflanzen, deren Wurzeln die schon vorhandenen Poren nutzen können. 

Mit Hilfe von Labor- und Feldversuchen beschreiben wir mikromechanische und strukturelle Eigenschaften im Bereich der Rhizosphäre. Dazu zählen beispielsweise Eindringwiderstände und Messungen zur mechanischen Verformbarkeit von Böden und zur Aggregatstabilität. Mit röntgenmikrotomographischen Aufnahmen von Aggregat- bis hin zur Wurzelsystemebene beschreiben wir die 3D-Porenraumstrukturen und werten diese mit quantitativen Bildanalyse-Algorithmen aus. Dabei interessiert uns die räumliche und zeitliche Entwicklung der zugrundeliegenden Prozesse und deren Zusammenhänge mit den sich bildenden Mikrostrukturen und wie diese auf die Funktionalität des gesamten Wurzel-Boden Systems wirken.

Nicht-invasive Quantifizierung von Bodenmikrostrukturen

Die Struktur des Bodens ist ein maßgeblicher Faktor für die Steuerung von Bodenfunktionen. Ein wichtiger Bestandteil der Bodenstruktur sind Aggregate in unterschiedlichen Größen. Diese haben eine innere Struktur, welche als räumliche Anordnung von Festsubstanz und Porenraum beschrieben werden kann. In Porennetzwerken und an Grenzflächen zur Festsubstanz spielen sich viele wichtige biogeochemische und physikalische Prozesse ab. Beispiele sind die Speicherung und der Transport von Wasser, Nährstoffen und Bodengasen, die Regulation des Kohlenstoff- und Stickstoffkreislaufs, welche in hohem Maß durch Mikroorganismen gesteuert werden und die unterschiedlichste Porenräume und Nischen in Bodenaggregaten als Habitat nutzen. Die morphologischen und topologischen Eigenschaften der 3D-Struktur von Bodenporenräumen von der Pedon- bis Aggregatskala quantitativ zu beschreiben und mit diversen Bodeneigenschaften und Prozessen in Verbindung zu bringen ist ein weiterer Schwerpunkt der Arbeitsgruppe Bodenbiophysik. 

Zur quantitativen Analyse von Bodenstrukturen verwenden wir moderne (nichtinvasive) bildgebende Verfahren wie die Röntgentomographie, mit der sich 3- und 4-dimensionale Dynamiken sehr gut untersuchen lassen. Dabei lassen sich Auflösungen von Millimetern bis in den Nanometerbereich erzielen, die uns sehr detaillierte Einblicke in die Welt des Bodenmikrobioms und der Bodenfauna erlauben.     

Gruppenleitung

Prof. Dr. Stephan Peth
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